Heimtücke, so erklärt der Duden ist eine hinterlistige Bösartigkeit. In der Medizin ist die Bedeutung freilich eine andere: hier spielt die Absicht keine Rolle und so könnte man unter einer heimtückischen Krankheit ein solche verstehen, die in unvorhergesehener Weise für den Betroffenen gefährlich ist. Wie Karies und Parodontitis.
- Karies. Der Beginn einer Karies ist für den Patienten weder schmerzhaft noch in einer anderen Form lästig. Er ist einfach nicht spürbar. Eine weiße Veränderung am Zahnhals im Bereich des Zahnfleischsaums, eine dunkle Stelle am Rand der Krone beispielsweise, mehr nicht. Die Läsion ist irgendwann mal da und bleibt. Wiedersteht Zahnputzattacken und tut nicht weh. Im Laufe der kommenden Wochen und Monate lösen sich unter den Säureangriff der Bakterien immer mehr Mineralien aus dem Zahnbein, zurück bleibt ein instabiles Gerüst aus geringgradig mineralisiertem organischen Gewebe, welches den darüberliegenden Zahnschmelz nicht mehr stützen kann. Ein Biß in ein weiches Brötchen und ein Teil des Zahnes bricht ein. Das Gros der Patienten erlebt dieses Geschehen weitgehend schmerzfrei. Vielleicht etwas Kälteempfindlichkeit, mehr nicht. Umso überraschender wird deshalb für viele die Ankündigung des Zahnarztes sein, daß hier ein etwas ernsteres Problem vorliegt, das sich nicht im Handstreich beseitigen lässt und stattdessen weiterführende Massnahmen erfordert. Wie bitte, eine WURZELbehandlung? Hierbei sind sekundärkariöse Läsionen besonderes fatal: unter künstlichen Zahnkronen vermag sich die Karies oft ungestört zu entwickeln bis der halbe Zahn befallen ist ….
- Parodontitis. Eine Parodontitis entwickelt sich üblicherweise aus einer harmlosen Entzündung des Zahnfleisches, einer Gingivitis. Die banale Erkrankung des Zahnfleisches mündet also in einer veritablen Schädigung des Fundaments, bei der es zu unwiederbringlichen Verlusten im Bereich des Kieferknochens kommt. Die Zeichen sind ein gerötetes, geschwollenes Zahnfleisch und das typische Zahnfleischbluten. Letzteres zeigt sich bevorzugt in den ersten Tagen mit der neuen Zahnbürste … Die Zähne werden länger, Zahnhälse empfindlich. Vielleicht noch etwas Mundgeruch. Schmerzen? Fehlanzeige.
Was ist wichtig? Viele Krankheiten beginnen mit charakteristischen Symptomen, man nennt sie Prodrome. Jene Frühsymptome sind auch für Karies und Parodontitis exakt beschrieben. Ein vorbeugend orientierter Ansatz fahndet nach jenen Zeichen in der Absicht, eine Verschlimmerung zu verhindern. Liegen keine Frühsymptome vor, wird dies in unserer Praxis so ausgelegt, dass die Anstregungen in Sachen Mundhygiene erfolgreich waren. Das ist keine Garantie auf die Zukunft, sondern ein hoffnungsvolles Vorzeichen.
Was ist zu tun? Regelmäßige Kontrollen in der Praxis dienen dem Zweck, Frühstadien von Karies und Parodontitis aufzuspüren und einer geeigneten Behandlung zuzuführen. Zur Kariesdiagnostik gehört die sorgfältige klinische Inspektion der Zähne mit dem Spiegel und die regelmäßige röntgenologische Betrachtung der Zahnzwischenräume mit der Bißflügelaufnahme. In unserer Praxis sind wir bestrebt, Bißflügelaufnahmen regelmäßig zu wiederholen und bieten unseren Patienten deshalb diese Möglichkeit an. In präzisen Röntgenaufnahmen lassen sich Defekte im Zahnzwischenraum gut darstellen. Initiale, das heißt sich in der Anfangsphase befindende kariöse Prozeße können ausheilen. Die Zähne werden zunächst professionell gereinigt und dann fluoridiert. Und zwar mit einem wirkungsvollen Fluorlack. Fluoride in dieser Darreichungsform verabreicht, sind außerordentlich potent und nicht zu vergleichen etwa mit Mundspüllösungen. Ist der kariöse Defekt größer, muss repariert werden. In der PA-Diagnostik wird mittels eine PA-Sonde, stumpf und mit einer Kugel am Ende versehen, das Zahnfleisch auf Taschen untersucht. Wir erstellen regelmäßig einen sogenannten PSI oder parodontalen screening index, der eine Aussage über den Zustand des Zahnhalteapperates erlaubt.
Fazit. Ich habe überhaupt keine Schmerzen. Schmerzfreiheit ist nach unserem Kenntnisstand nicht gleichzusetzen mit Zahngesundheit. In der Aufklärung versuchen wir diesen Umstand sorgfältig herauszuarbeiten, dem Patienten Wertschätzung und Wahlfreiheit entgegenbringend. Wir versuchen so beiden Seiten gercht zu werden: Unser Patient behält die Oberhand über seine zahnmedizinsche Gesundheit und wir unser zahnärztliches Gewissen.